Fremdsein in welt-geschichtlicher Perspektive -
Das Darstellen von Biografien als kreative Social Media Posts mit Unterstützung von Virtual-Reality-Technology
Dieses Projekt wurde von Studierenden der Sozialen Arbeit der FH-Münster an insgesamt drei Schultagen am Gymnasium St. Mauritz durchgeführt. Zwanzig Schüler*innen eines Geschichtskurses in der EF hatten die Möglichkeit, verschiedene Biografien zum Thema "Fremdsein" mit digitalen Tools zu erarbeiten und so ein ganz neuen Zugang und damit ein neues Verständnis für die unterschiedlichen Thematiken zu erhalten.
Jüd*innen nach dem 2. Weltkrieg/ heutzutage
Mit Hilfe der Materialien konnten die Schüler*innen sich in die Lebenswelt von Jüdinnen und Juden nach dem zweiten Weltkrieg sowie in das Leben von jüdischen Personen heutzutage hineinversetzen.
Während des zweiten Weltkrieges war das Leben von Angehörigen des Judentums geprägt durch ein ständiges Versteckspiel verbunden mit Angst vor der Flucht. Viele von ihnen kamen in Konzentrationslager, bloß die Wenigsten kamen dort lebend wieder raus, wodurch sie Freund*innen und Familienmitglieder verloren haben. Solche Erlebnisse vergisst ein Mensch nicht so schnell, weshalb das Leben nach dem zweiten Weltkrieg für Überlebende nicht einfacher wurde. In den Materialien sind Videos zu finden, in denen Überlebende darüber sprechen, dass sie an Depressionen leiden, jeden Tag weinen oder auch traumatisiert von den Erfahrungen sind, die sie zum Beispiel in Konzentrationslagern erlebt haben und daher bloß noch schlecht schlafen. Durch den Verlust von Freund*innen und Familie fühlen sich viele sehr einsam und genau für diese Menschen wurden heutzutage Wohngruppen und Cafés geschaffen, in denen sie sich mit Gleichgesinnten unterhalten können.
Doch Antisemitismus herrschte nicht nur in der damaligen Zeit. Auch heutzutage gibt es viele jüdische Personen, die sich nicht trauen, offen zu sagen, dass sie dem Judentum angehören, da die Angst vor Gewalt und Ausgrenzung zu stark ist. Es gibt sogar Schulen für jüdische Schüler*innen, die stark bewacht werden, um sie besser zu beschützen.
Daher ist es wichtig, Schüler*innen näher zu bringen, dass es Antisemitismus immer noch gibt, es aber bloß nicht mehr so viel in den Medien vertreten ist wie damals.
Vorurteile zwischen Ost- und Westdeutschen früher und heute
Als die Lebenswelten von Ost- und Westdeutschen nach dem Mauerfall aufeinandertrafen, entwickelten sich auf beiden Seiten Missverständnisse und Vorurteile, welche sich im Laufe der Jahre immer mehr verhärteten. In diese Welt der vorurteilsbehafteten Gegensätze erhielten die Schüler*innen durch die verschiedenen Materialien einen Einblick, um die Perspektiven beider Seiten einnehmen zu können.
Über 30 Jahre nach der Deutschen Einheit sind Unterschiede zwischen Ost- und West-Deutschland in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft immer noch sichtbar. Dies spiegelt sich auch in der Meinung über die Betroffenen wieder, wenn Vorurteilen glauben geschenkt wird. Ost-Deutsche seien faule und undankbare Kommunisten oder auch nur Menschen zweiter Klasse. Auf der anderen Seite würden alle aus dem Westen Deutschlands nur an ihren eigenen Wohlstand denken und keinen Sinn für Wärme oder Solidarität haben.
Dass solche und weitere Vorurteile auch heutzutage noch Bestand haben, liegt unter anderem an der jahrzehntelang versäumten Aufklärung zwischen Ost und West und dem damit verbundenen Austausch. In Folge dessen wurde der Glaube an solche Stereotypen an jüngere Generationen weitergegeben.
Damit dies nicht weiter geschieht, ist es umso wichtiger mit den Vorurteilen aufzuräumen und Schüler*innen zu vermitteln, dass Menschen als wertvoll betrachtet und nicht pauschalisiert werden sollten.
Gastarbeiter*innen in Deutschland ab 1950er Jahre
Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg lag die deutsche Wirtschaft am Boden. Doch durch die Hilfen der Amerikaner und einem allgemeinem Aufbauwillen in der deutschen Gesellschaft, erlebte Deutschland in den 1950er und 1960er Jahren ein Wirtschaftswunder. Der Bedarf an Arbeitskräften war so groß, dass die Betriebe bald über einen Mangel an Arbeitskräften klagten. Die italienische Regierung wandte sich prompt an die Deutschen und schlug vor, 100.000 bis 200.000 italienische Arbeiter nach Deutschland zu schicken. Dies sollte die italienische Wirtschaft entlasten und den Mangel an Arbeitskräften in Deutschland beheben. Das führte dazu, dass Milliionen von Arbeitern aus Italien, Griechenland, der Türkei, Portugal und anderen Ländern nach Deutschland kamen.
Vorgesehen war es, dass die Arbeiter nach getaner Arbeit das Land wieder verlassen und in ihre Heimat zurückkehren. Doch für die meisten wurde Deutschland zur neuen Heimat, so dass bis heute Familien bereits in 3. oder 4. Generation hier leben.
Die Reise hatte für viele von ihnen allerdings auch eine erhebliche Schattenseite, da sie von den Deutschen nicht unbedingt willkommen geheißen wurden und sich eine ausländerfeindliche Grundstimmung entwickelte.
Geflüchtete 2015
Im Jahr 2015 stand besonders die Zuwanderung von Asylbewerber*innen und Geflüchteten im Fokus der medialen und politischen Aufmerksamkeit. Die Zahl von Schutzsuchenden stieg nicht nur weltweit, sondern auch in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, darunter auch Deutschland. Dieser starke Anstieg führte letztendlich zu einer Verwaltungs- und Infrastrukturkrise, die allgemein als “Flüchtlingskrise“ bezeichnet wird.
Hauptursache für die Flucht nach Europa ist vor allem der seit 2011 herrschende Bürgerkrieg in Syrien, der durch Menschenrechtsverletzungen und weitreichende Kriegsverbrechen gekennzeichnet ist. Damit hat der Bürgerkrieg in Syrien dazu beigetragen, dass allein im ersten Halbjahr 2015 vier Millionen Menschen das Land als Geflüchtete verlassen mussten.
Das Projekt.
Schritt für Schritt erklärt...
Trailer
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Der Arbeitsauftrag
Erstellt mit Hilfe der Informationen aus der Infobox eine Biografie zu einer fiktiven Person. Findet weitere Quellen. Erstellt ein Social Media Profil für diese Person. Am Ende des Projektes soll eine Präsentation stattfinden, bei der alle eure Projekte kennenlernen können.
Tag 1: Einführung und Projekterläuterung
Der erste Tag wurde dafür genutzt, mit Hilfe von Warm-ups die Schüler*innen in die Thematik “Fremdsein, Kulturunterschiede und Rituale” einzuführen.
Des Weiteren lag der Schwerpunkt des Tages auf der Vorstellung des Projektes und der Einteilung in Gruppen zu den jeweiligen Fremdseinserfahrungen. Außerdem hatten die Schüler*innen genügend Zeit, sich mit dem Tool canva.com auseinanderzusetzen und Fragen zu stellen.
Die Projektvorstellung:
https://videos.simpleshow.com/TMUDJvTlAs
Tag 2: Gruppenarbeit und VR-Experience
Die Gruppen arbeiteten selbstständig an ihren Projekten. Währenddessen wurden sie von den Studierenden betreut und unterstützt. Außerdem erhielten die Schüler*innen die Möglichkeit, Videos über Diskriminierungserlebnisse durch VR- Brillen anzuschauen, um sich so leichter in die Lage von diskriminierten Menschen hineinversetzen zu können.
Materialien für die Schüler*innen:
https://alexander-petrick.jimdosite.com/
Tag 3: Präsentation und Reflexion
Die einzelnen Gruppen präsentierten ihre Ergebnisse. Dazu erhielten sie von den Schüler*innen und Studierenden Feedback. In einer abschließenden Reflexionsrunde wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Biografien aufgegriffen und über einzelne Aspekte mit Hilfe von Thesen nochmals genauer diskutiert.
Sensibler Umgang mit Medien
Zur Nutzung von Sozialen Medien ist das Wissen über den Sensiblen Umgang mit diesen essentiell. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu aufgeführt, die innerhalb des Projekts mit den Schüler*innen besprochen wurden:
- Happy Slapping: Gewalthandlungen, die gefilmt und veröffentlicht werden >> strafbar
- Sexting: Austausch von erotischen Inhalten >> kann schnell in die falschen Hände gelangen und das Weiterleiten an unter 16-jährige ist strafbar
- Cybermobbing: Es wird als Täter oder Opfer agiert, abwertende Kommentare, (Mord - )Drohungen… >> Schutz: Social Media Accounts privat einstellen, sodass nur Freund*innen Inhalte sehen können
- Hassrede: Rassendiskriminierung, Beschimpfung, Verleumdung
- Social Bots: Keine echten Personen, sondern Computerprogramme
- Verfälschte Schönheitsideale nicht als Vorbild nehmen (Magersucht, Selbstzweifel..)
- Auf keine fremden Links drücken (Viren..)
https://www.jugendundmedien.ch/fileadmin/PDFs/Broschueren/Brosch_Medienkompetenz_ZHAW_0919_DE_bf.pdf
Der Prozess.
Die Warm-Ups
1. "Begrüßungsrituale": Jede/r wird durch das Ziehen einer Karte einer bestimmten Kultur zugeordnet, die sich durch eine bestimmte Form der Begrüßung auszeichnet (z.B Händedruck, Schulterklopfen, Verbeugung, Umarmung). Jede andere Form der Begrüßung gilt hingegen als extrem unhöflich. Es soll sich dann einfach frei im Raum bewegt werden und die anderen Personen werden mit dem jeweils gezogenen kulturellen Ritual begrüßt. Es wird dementsprechend reagiert, wenn man mit einem anderen Begrüßungsritual als für einen üblich, begrüßt wird.
Ziel: Hierbei soll das Erleben und Wahrnehmen von kulturellen Unterschieden gefördert werden und anschließend auch gemeinsam reflektiert werden.
2. "Wer bin ich?": Alle stellen sich im Kreis auf. Jede/r bekommt dann ein Post-it, auf das eine Nationalität nach Wahl geschrieben wird z. B amerikanisch, ungarisch, französisch etc. Es muss nichts mit der persönlichen Nationalität zu tun haben. Jeder klebt dann den eigenen Post-It auf die Person rechts von einem. Achtet darauf, dass die Personen neben einem nicht unbedingt sehen, welche Nationalität auf das Post- it geschrieben wird. Danach wird sich frei im Raum bewegt und versucht die Nationalität, die auf dem eigenen Rücken steht mit Hilfe von Ja/Nein- Fragen an die anderen zu erraten. Wenn alle ihre Nationalität erraten haben, wird sich zur Nachbesprechung wieder im Kreis getroffen.
Ziel: Auseinandersetzen und Aufbrechen von kulturellen und nationalspezifischen Stereotypen
Materialien: Post-its, Stifte, Karten mit Begrüßungsritualen (bei Word erstellen)
Die Vorstellung des Projektes
Das Projekt wurde mit Hilfe eines kleinen Erklärvideos und einer unterstützenden Power-Point-Präsentation den Schüler*innen vorgestellt.
https://videos.simpleshow.com/TMUDJvTlAs
Materialien: SimpleShow-Videomaker, Power-Point-Präsentation (mit Fakten zum Projekt, wichtigen Hintergrundinformationen z.B sensibler Umgang mit Medien)
Gruppenarbeitsphase
Die Gruppen erstellten, mit Unterstützung der Studierenden und iPads, die Social Media Posts, welche die vier Perspektiven der Fremdseinserfahrung kreativ darstellen sollten.
Sie bekamen außerdem die Möglichkeit, sich VR-Videos zu unterschiedlichen Situationen, die Diskriminierung und Fremdseinserfahrungen zeigten, anzuschauen. Darauf folgte eine kurze Reflexion, wobei die Ö-Töne der Schüler*innen zu der VR-Erfahrung gesammelt wurden:
- “Es war erschreckend, sowas zu sehen, weil ich selbst noch nie so eine Erfahrung gemacht habe.”
- “Man konnte die Situation ganz anders erleben, als wenn man sich so ein Video einfach nur über das Handy anschaut.”
- “Ich hab mich schon fast als Teilnehmer der Situation gefühlt.”
Materialien:
- Tool Canva: www. canva.com
- Quellenboxen der vier Perspektiven:
https://alexander-petrick.jimdosite.com/
- VR-Videos: https://youtu.be/qYWnPMhfO4k
https://youtu.be/z9HEGHOk5hM
VR-Brillen, Smartphones zum Abspielen der Videos, Tablets/ iPads, Notizblock+Stift
Reflexion
Zum Abschluss jedes Projekttages wurde eine Mentimeter-Umfrage auf iPads durchgeführt, um die jeweilige Stimmung, sowie den Fortschritt der Schüler*innen besser einschätzen zu können.
Materialien: iPads, https://www.mentimeter.com
Präsentationen
Die Gruppen stellten ihre Ergebnisse über ein Smartboard den anderen Schüler*innen und den Studierenden vor. So konnte jede Gruppe ihre Ideen und Beweggründe zu den Ergebnissen dem Kurs direkt mitteilen und erläutern, sodass der Prozess besser nachvollzogen werden konnte. Die anderen Gruppen erhielten Feedbackbögen, worauf sie die Ergebnisse und die Umsetzung bewerteten und eine Rückmeldung geben konnten.
Materialien: iPads, Smartboard/ Beamer, Feedbackbögen (mit Word erstellen), Stifte
Abschlussrunde
Für die Abschlussreflexion wurde ein Sitzkreis gebildet, in dem die Studierenden verschiedene Thesen eingeworfen haben, die daraufhin diskutiert und besprochen wurden. Um einen runden Abschluss zu finden, gab es in den letzten Minuten ein persönliches Feedback der Schüler*innen an die Studierenden und an das Projekt.
Thesen:
- “Aktuell spitzen sich die Ereignisse in Bezug auf Fremdenfeindlichkeit wieder zu. Fallen euch dazu Beispiele zu aktuellen Geschehnissen ein?”
- “Social Media hilft dabei, Vorurteile gegenüber Fremden abzubauen.”
- “In Deutschland werden Menschen mit Fluchterfahrung am schlechtesten behandelt.”
- “Antisemtismus spielt heutzutage eine untergeordnete Rolle.”
- Abschließende Frage: “Was wäre ein wünschenswertes Verhalten gegenüber Menschen, die neu in ein für sie fremdes Land kommen?